Somatisierungsstörung

Diagnosekriterien zur Somatisierungsstörung

  • A.- Patienten zeigen über mindestens zwei Jahre vielfältige psychosomatische Symptome ohne organische Ursache, die selbst bei vorhandener Krankheit nicht erklärt werden können und das soziale Leben beeinträchtigen. Gelegentliche vegetative Symptome sind nicht vorherrschend oder belastend.
  • B. Patienten suchen immer wieder ärztliche Hilfe oder lokale Heiler auf. 
  • C. Patienten lehnen ärztliche Diagnosen ohne körperliche Ursache ab und akzeptieren sie nur vorübergehend, oft nur für kurze Zeit nach einer Untersuchung. 
  • D. Sechs oder mehr Symptome aus mindestens zwei verschiedenen Gruppen: 
  • Gastrointestinale Symptome: Bauchschmerzen, Übelkeit, Blähungsgefühl, schlechter Geschmack im Mund, Erbrechen, Durchfall.
  • Kardiovaskuläre Symptome: Atemnot, Brustschmerzen.
  • Urogenitale Symptome: Probleme beim Wasserlassen, unangenehme Empfindungen im Genitalbereich, vaginaler Ausfluss.
  • Haut- und Schmerzsymptome: Hautverfärbungen, Schmerzen in Gliedmaßen oder Gelenken, Taubheit oder Kribbeln.

 

 

 

Diagnosecode Somatisierungsstörung

ICD-10 Diagnose Somatisierungsstörung

F45.0 Somatisierungsstörung und F45.1 undifferenzierte Somatisierungsstörung (Zahlreiche anhaltende körperliche Beschwerden, ohne das Vollbild einer Somatisierungsstörung) gehören zur Gruppe Somatoforme Störungen (ICD-10: Diagnose F45). 

 

 

 

Verhaltenstherapie Somatisierungsstörung: Leitlinie

VT = Verhaltenstherapie bei der Behandlung von Somatoformen Störungen, darunter die Somatisierungsstörung wird in der offiziellen Leitlinie so eingeordnet: 

S3-Leitlinie Funktionelle Körperbeschwerden 
Deutsche Gesellschaft für Psychiatrie und Psychotherapie, Psychosomatik und Nervenheilkunde e.V. (DGPPN): 
„Die VT bei somatoformen Störungen hat folgende Ziele:
Identifizierung und Änderung von kognitiven und Verhaltensmustern, die die Symptome aufrechterhalten: VT hilft Patienten, negative Gedanken und Einstellungen über ihre Beschwerden zu erkennen und diese durch realistischere und hilfreichere Gedanken zu ersetzen.
Verbesserung der Wahrnehmung und des Umgangs mit Körpersignalen: VT kann Patienten helfen, ihre Körpersignale besser zu verstehen und auf gesunde Weise darauf zu reagieren.
Reduzierung von Vermeidungsverhalten: VT kann Patienten helfen, Vermeidungsverhalten abzubauen, das die Symptome aufrechterhält und die Lebensqualität einschränkt.
Erlernen von Bewältigungsstrategien: VT kann Patienten helfen, Bewältigungsstrategien zu entwickeln, um mit Stress, Angst und schwierigen Emotionen umzugehen.
Verbesserung der sozialen Interaktion: VT kann Patienten helfen, ihre Kommunikation und ihre sozialen Beziehungen zu verbessern.
Die VT bei somatoformen Störungen setzt sich aus verschiedenen Techniken zusammen, darunter:
Exposition: Bei der Exposition werden Patienten ihren angst- und vermeidungsauslösenden Reizen in graduierter Form ausgesetzt. Dies kann dazu beitragen, die Angst zu reduzieren und die Vermeidung zu überwinden.
Kognitive Restrukturierung: Kognitive Restrukturierung hilft Patienten, negative Gedankenmuster zu erkennen und diese durch realistischere und hilfreichere Gedanken zu ersetzen.
Entspannungstechniken: Entspannungstechniken wie progressive Muskelentspannung oder Autogenes Training können helfen, Stress und Anspannung abzubauen.
Biofeedback: Biofeedback kann Patienten helfen, ihre Körperfunktionen besser zu kontrollieren und ihre Symptome zu reduzieren.
Die VT ist eine effektive Behandlung von somatoformen Störungen. Studien haben gezeigt, dass VT die Symptome von somatoformen Störungen deutlich lindern, die Lebensqualität verbessern und die Funktionsfähigkeit im Alltag steigern kann“.

 

 

 

 

Faktoren und Mechanismen Somatisierungsstörung

Somatoforme Störungen zeigen hauptsächlich körperliche Symptome, während psychische Beschwerden möglicherweise nur als Folge des körperlichen Leidens wahrgenommen werden.

Die Somatisierungsstörung ist eine komplexe psychische Störung, bei der körperliche Beschwerden auftreten, für die keine ausreichende medizinische Erklärung gefunden werden kann. Diese Störung kann durch verschiedene Faktoren und Mechanismen (lernpsychologisch und tiefenpsychologisch) begünstigt werden:

1. Affektäquivalente und Konversion/Hysterie: Affektäquivalente bezeichnen Symptome, die psychischen Schmerz anzeigen, während Konversion oder Hysterie Konflikte in Körpersymptomen verdichten, um Emotionen zu vermeiden. Hierbei wird der Körper zur Bühne für ungelöste Konflikte, wobei seelische Energie in somatische Reaktionen umgeleitet wird, um diese vor dem Bewusstsein zu schützen. Die Hysterie als Ausdruckskrankheit zeigt sich in kompromisshaften Inszenierungen, bei denen der Körper als Medium für unbewusste Konflikte dient, die in Symbolen und Symptomen zum Ausdruck kommen.

2. Bereitstellungskrankheiten und chronische sympathische Überstimulation: Bereitstellungskrankheiten zeigen eine anhaltende Bereitschaft zur Handlung, begleitet von chronischer sympathischer Überstimulation und einer anhaltenden körperlichen Bereitstellungsreaktion, die sich in körperlichen Symptomen manifestiert. Diese Überstimulation führt zu langfristig unterdrückten emotionalen Spannungen, die sich in körperlichen Symptomen manifestieren können, und kann sogar paradoxerweise Krankheiten auslösen. Gleichzeitig kann eine chronische parasympathische Hemmung auftreten, die die Fähigkeit zu lösungsorientiertem Handeln einschränkt.

3. Erhöhte Aufmerksamkeitszentrierung auf den Körper oder die körperliche Symptomatik: Eine erhöhte Aufmerksamkeitszentrierung auf den Körper hat eine Funktion im Seelenleben, indem sie beispielsweise zur Selbstwertregulation, Selbstgefühlsregulation, Erhaltung der Selbstkohärenz und der Ich-Grenzen, Verteidigung des Selbstüberlebens und Unterstützung des Erlebens der Selbstgrenzen dient. Diese erhöhte Fokussierung kann dazu führen, dass normale körperliche Empfindungen überinterpretiert werden und zu anhaltendem Grübeln über körperliche Symptome führt, was die Symptome verstärken kann.

4. Die Bedrohung der Selbstkohärenz: Die Trennung oder das Fehlen von Gefühlen unterbricht die Selbstkohärenz, was sich darin zeigt, wie der Körper genutzt wird, um sich selbst zu stabilisieren. Dabei werden die körperlichen Grenzen besetzt und manipuliert, um sich selbst zu erhalten und aufzubauen.

5. Abwehrmechanismen: Probleme im Leben und Abwehrmechanismen des Unbewussten können zu somatischen Beschwerden führen, ohne dass die Betroffenen sich dessen bewusst sind. Abwehrmechanismen sind Strategien des Unbewussten, mit Stress und Konflikten umzugehen, indem sie unangenehme Gedanken, Gefühle oder Erinnerungen fernhalten oder reduzieren. Diese Mechanismen können sich auf körperlicher Ebene manifestieren und zu somatischen Beschwerden führen, ohne dass wir uns ihrer bewusst sind.

6. Art der erlebten Objektbeziehungen und Schwierigkeiten mit dem eigenen Selbst: Die Qualität von Beziehungen kann sich auf das körperliche Wohlbefinden auswirken, da schwierige oder belastende Beziehungen zu körperlichem Unbehagen führen können. Schwierigkeiten mit dem eigenen Selbst, wie die Unfähigkeit, eigene Gefühle zu verstehen, können zu körperlichen Beschwerden führen, da Emotionen nicht angemessen verarbeitet werden können.

7. Interzeptionsfähigkeit und somatosensorische Verstärkung: Personen mit erhöhter Interzeptionsfähigkeit nehmen körperliche Empfindungen intensiver wahr und interpretieren sie möglicherweise als Hinweis auf Krankheit. Somatosensorische Verstärkung führt dazu, dass normale körperliche Empfindungen übermäßig als Anzeichen von Krankheit interpretiert werden, was zu anhaltendem Grübeln über körperliche Symptome führt und die Symptome verstärken kann.

8. Verstärkung durch Aufmerksamkeit und Reaktionen anderer: Manchmal bekommen wir auch Aufmerksamkeit oder werden belohnt, wenn wir körperlich krank sind. Das kann dazu führen, dass wir uns öfter krank fühlen, als wir es eigentlich sind. Wenn andere Personen unsere körperlichen Beschwerden beachten oder darauf reagieren, können wir möglicherweise öfter körperliche Symptome zeigen, auch wenn sie nicht schwerwiegend sind.

 

 

 

 

Interventionen Somatisierungsstörung

Verhaltenstherapie Interventionen: 

 

Kognitive Interventionen:

1. Positive Zielvorstellungen: Nutzung von Phantasie- und Imaginationsübungen, um positive Zukunftsbilder zu fördern.

2. Verhaltensexperimente: Praktische Tests zur Identifikation und Anpassung negativer Denkmuster.

3. Realistischer Gesundheitsbegriff: Experimente zur Veränderung der Einstellungen gegenüber Gesundheit und Krankheit.

4. Hypochondrische Überzeugungen: Identifikation und Umstrukturierung irrtümlicher Krankheitsannahmen.

5. Suche nach Alternativerklärungen: Unterstützung bei der Suche nach verschiedenen Interpretationen von Symptomen.

 

Verhaltensbezogene Interventionen:

1. Symptomtagebücher: Dokumentation von Beschwerden und Einflussfaktoren zur Analyse.

2. Bewältigungsstrategien: Vermittlung praktischer Techniken zur Symptomkontrolle.

3. Entspannungstechniken: Anwendung von PME zur Stressreduktion.

4. Belastbarkeit steigern: Schrittweise Erhöhung der körperlichen Aktivität.

5. Schon- und Vermeidungsverhalten: Graduelle Exposition und Reduzierung von Vermeidungsverhalten.

 

Interpersonelle Interventionen (Gruppentherapie extrem wichtig hier):

1. Soziale Kompetenzen: Training zur Verbesserung der zwischenmenschlichen Fähigkeiten.

2. Nähe-Distanz-Regulierung: Entwicklung gesunder Grenzen in Beziehungen.

3. Zweierbeziehungen: Bearbeitung von Konflikten und Förderung des Verständnisses in zwischenmenschlichen Beziehungen.

4. Korrigierende Erfahrungen: Vermittlung positiver zwischenmenschlicher Interaktionen zur Veränderung dysfunktionaler Muster.

5. Aggressionsvermeidung: Bewusstes Auseinandersetzen mit aggressionsvermeidenden Verhaltensweisen.

 

Emotionsregulation und Körperorientierte Interventionen (Gruppentherapie extrem wichtig hier): 

1. Entsomatisierung: Trennung von körperlichen und seelischen Empfindungen.

2. Symptomaufgabe: Akzeptanz und Verarbeitung psychischen Leidens.

3. Affektregulation: Verbesserung der Fähigkeit, Emotionen zu kontrollieren und auszudrücken.

4. Integration negativer Affekte: Einbeziehung und Verarbeitung von negativen Emotionen.

5. Körpererleben verbessern: Arbeit an der Wahrnehmung und Integration körperlicher Empfindungen.

 

Therapeutische Beziehung und Rahmenbedingungen:

1. Nutzung eigener Wahrnehmungen: Verwendung der Empathie des Therapeuten zur Unterstützung der Therapie. Wahrnehmung in der Gruppentherapie-Arbeit. 

2. Aufklärung über Trigger: Identifizierung und Bearbeitung von Situationen, die das Selbstbild destabilisieren.

3. Vertrauensbildung: Entwicklung eines sicheren Rahmens für das Erleben und die Bearbeitung von Emotionen.

4. Verändernde Visionen: Förderung einer positiven Zukunftsvorstellung und Entwicklung neuer Perspektiven.

5. Integration neuer Einsichten: Einbeziehung neuer Erkenntnisse und Erfahrungen in das Selbstkonzept.

 

 

 

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